Der
vierte Paralogism der Idealität (des äußeren Verhältnisses)
Dasjenige,
auf dessen Dasein, nur als einer Ursache zu gegebenen Wahrnehmungen, geschlossen werden kann, hat
eine nur zweifelhafte Existenz :
Nun
sind alle äußeren Erscheinungen
von der Art : daß ihr Dasein nicht unmittelbar wahrgenommen, sondern auf
sie, als die Ursache gegebener Wahrnehmungen, allein geschlossen werden kann :
Also
ist das Dasein aller Gegenstände äußerer Sinne zweifelhaft. Diese Ungewißheit nenne ich die Idealität äußerer Erscheinungen und die Lehre
dieser Idealität heißt der Idealism, in Vergleichung mit welchem die Behauptung
einer möglichen Gewißheit von Gegenständen äußerer Sinne, der Dualism genannt
wird.
1.
Zuerst wollen wir die Prämissen der Prüfung unterwerfen. Wir kennen mit Recht
behaupten, daß nur dasjenige, was in uns selbst ist, unmittelbar wahrgenommen
werden könne, und daß meine eigene Existenz allein der Gegenstand einer bloßen Wahrnehmung sein könne.
Also ist das Dasein eines wirklichen Gegenstandes außer mir (wenn dieses Wort
in intellektueller Bedeutung genommen wird) niemals geradezu in der Wahrnehmung gegeben,
sondern kann nur zu dieser, welche eine Modifikation des inneren Sinnes ist, als äußere
Ursache derselben hinzugedacht und mithin geschlossen werden. Daher auch
Cartesius mit Recht alle Wahrnehmung
in der engsten Bedeutung auf den Satz einschränkte : Ich (als ein denkend
Wesen) bin. Es ist nämlich klar : daß, da das Äußere nicht in mir ist, ich
es nicht in meiner Apperzeption, mithin auch in keiner Wahrnehmung, welche eigentlich nur die
Bestimmung der Apperzeption ist, antreffen könne.
2. Ich
kann also äußere Dinge eigentlich nicht wahrnehmen, sondern nur aus meiner inneren Wahrnehmung auf
ihr Dasein schließen, indem ich diese als die Wirkung ansehe, wozu etwas
Äußeres die nächste Ursache ist. Nun ist aber der Schluß von einer gegebenen
Wirkung auf eine bestimmte Ursache jederzeit unsicher ; weil die Wirkung
aus mehr all einer Ursache entsprungen sein kann. Demnach bleibt es in der
Beziehung der Wahrnehmung
auf ihre Ursache jederzeit zweifelhaft : ob diese innerlich, oder
äußerlich sei, ob also alle sogenannten äußeren Wahrnehmungen nicht ein bloßes Spiel
unseres inneren Sinnes sind, oder ob sie sich auf äußere wirkliche Gegenstände,
als ihre Ursache beziehen. Wenigstens ist das Dasein der letzteren nur
geschlossen, und läuft die Gefahr aller Schlüsse, dahingegen der Gegenstand des
inneren Sinnes (Ich
selbst mit allen meinen Vorstellungen)
unmittelbar wahrgenommen wird, und die Existenz desselben gar keinen Zweifel
leidet.
3.
Unter einem Idealisten muß man also nicht denjenigen verstehen, der das Dasein
äußerer Gegenstände der Sinne leugnet, sondern der nur nicht einräumt :
daß es durch unmittelbare Wahrnehmung
erkannt werde, daraus aber schließt, daß wir ihrer Wirklichkeit durch alle
mögliche Erfahrung niemals völlig gewiß werden können.
4. Ehe
ich nun unseren Paralogismus seinem trüglichen Scheine nach darstelle, muß ich
zuvor bemerken, daß man notwendig einen zweifachen Idealism unterscheiden
müsse, den transzendentalen und den empirischen. Ich verstehe aber unter dem
transzendentalen Idealism aller Erscheinungen den Lehrbegriff, nach welchem wir sie insgesamt als
bloße Vorstellungen,
und nicht als Dinge an sich selbst, ansehen, und demgemäß Zeit und Raum nur
sinnliche Formen unserer Anschauung, nicht aber für sich gegebene Bestimmungen,
oder Bedingungen der Objekte, als Dinge an sich selbst sind. Diesem Idealism
ist ein transzendentaler Realism entgegengesetzt, der Zeit und Raum als etwas
an sich (unabhängig von unserer Sinnlichkeit) Gegebenes ansieht. Der
transzendentale Realist stellt sich also äußere Erscheinungen (wenn man ihre Wirklichkeit einräumt)
als Dinge an sich selbst vor, die unabhängig von uns und unserer Sinnlichkeit
existieren, also auch nach reinen Verstandesbegriffen außer uns wären. Dieser
transzendentale Realist ist es eigentlich, welcher nachher den empirischen
Idealisten spielt, und nachdem er fälschlich von Gegenständen der Sinne
vorausgesetzt hat, daß, wenn sie äußere sein sollen, sie an sich selbst auch
ohne Sinne ihre Existenz haben müßten, in diesem Gesichtspunkte alle unsere Vorstellungen der Sinne
unzureichend findet, die Wirklichkeit derselben gewiß zu machen.
5. Der
transzendentale Idealist kann hingegen ein empirischer Realist, mithin, wie man
ihn nennt, ein Dualist sein, d. i. die Existenz der Materie einräumen, ohne aus
dem bloßen SelbstBewußtsein
hinauszugehen, und etwas mehr, als die Gewißheit der Vorstellungen in mir, mithin das cogito,
ergo sum, anzunehmen. Denn weil er diese Materie und sogar deren innere
Möglichkeit bloß für Erscheinung
gelten läßt, die, von unserer Sinnlichkeit abgetrennt, nichts ist : so ist
sie bei ihm nur eine Art Vorstellungen
(Anschauung),
welche äußerlich heißen, nicht, als ob sie sich auf an sich selbst äußere
Gegenstände bezögen, sondern weil sie Wahrnehmungen auf den Raum beziehen, in welchem
alles außereinander, er selbst der Raum aber in uns ist.
6. Für
diesen transzendentalen Idealism haben wir uns nun schon im Anfange erklärt.
Also fällt bei unserem Lehrbegriff alle Bedenklichkeit weg, das Dasein der
Materie ebenso auf das Zeugnis unseres bloßen SelbstBewußtseins anzunehmen und
dadurch für bewiesen zu erklären, wie das Dasein meiner selbst als eines
denkenden Wesens. Denn ich bin mir doch meiner Vorstellungen bewußt ; also existieren diese
und ich selbst, der ich diese Vorstellungen
habe. Nun sind aber äußere Gegenstände (die Körper) bloß Erscheinungen, mithin auch
nichts anderes, als eine Art meiner Vorstellungen, deren Gegenstände nur durch diese Vorstellungen etwas sind, von
ihnen abgesondert aber nichts sind. Also existieren ebensowohl äußere Dinge,
als ich Selbst existiere, und zwar beide auf das unmittelbare Zeugnis meines SelbstBewußtseins, nur
mit dem Unterschiede : daß die Vorstellung meiner Selbst, als des denkenden Subjekts, bloß auf
den innern, die Vorstellungen
aber, welche ausgedehnte Wesen bezeichnen, auch auf den äußeren Sinn bezogen
werden. Ich habe in Absicht auf die Wirklichkeit äußerer Gegenstände
ebensowenig nötig zu schließen, als in Ansehung der Wirklichkeit des
Gegenstandes meines inneren Sinnes, (meiner Gedanken), denn sie sind
beiderseitig nichts als Vorstellungen,
deren unmittelbare Wahrnehmung (Bewußtsein) zugleich ein genügsamer Beweis ihrer
Wirklichkeit ist.
7. Also
ist der transzendentale Idealist ein empirischer Realist und gesteht der
Materie, als Erscheinung,
eine Wirklichkeit zu, die nicht geschlossen werden darf, sondern unmittelbar
wahrgenommen wird. Dagegen kommt der transzendentale Realismus notwendig in
Verlegenheit, und sieht sich genötigt, dem empirischen Idealismus Platz
einzuräumen, weil er die Gegenstände äußerer Sinne für etwas von den Sinnen
selbst Unterschiedenes und bloße Erscheinungen für selbständige Wesen ansieht, die sich außer uns
befinden ; da denn freilich, bei unserem besten Bewußtsein unserer Vorstellung von diesen Dingen, noch lange nicht
gewiß ist, daß, wenn die Vorstellung
existiert, auch der ihr korrespondierende Gegenstand existiere ;
dahingegen in unserem System diese äußeren Dinge, die Materie nämlich, in allen
ihren Gestalten und Veränderungen, nichts als bloße Erscheinungen, d. i. Vorstellungen in uns sind, deren Wirklichkeit
wir uns unmittelbar bewußt werden.
8. Da
nun, soviel ich weiß, alle dem empirischen Idealismus anhängenden Psychologen
transzendentale Realisten sind, so haben sie freilich ganz konsequent
verfahren, dem empirischen Idealism große Wichtigkeit zuzugestehen, als einem
von den Problemen, daraus die menschliche Vernunft sich schwerlich zu helfen
wisse. Denn in der Tat, wenn man äußere Erscheinungen als Vorstellungen ansieht, die von ihren Gegenständen,
als an sich außer uns befindlichen Dingen, in uns gewirkt werden, so ist nicht
abzusehen, wie man dieser ihr Dasein anders, als durch den Schluß von der
Wirkung auf die Ursache, erkennen könne, bei welchem es immer zweifelhaft
bleiben muß, ob die letztere in uns, oder außer uns sei. Nun kann man zwar
einräumen : daß von unseren äußeren Anschauungen etwas, was im
transzendentalen Verstande außer uns sein mag, die Ursache sei, aber dieses ist
nicht der Gegenstand, den wir unter den Vorstellungen der Materie und körperlicher Dinge
verstehen ; denn diese sind lediglich Erscheinungen, d. i. bloße Vorstellungsarten, die
sich jederzeit nur in uns befinden, und deren Wirklichkeit auf dem
unmittelbaren Bewußtsein
ebenso, wie das Bewußtsein
meiner eigenen Gedanken beruht. Der transzendentale Gegenstand ist, sowohl in
Ansehung der inneren als äußeren Anschauung, gleich unbekannt. Von ihm aber ist
auch nicht die Rede, sondern von dem empirischen, welcher alsdann ein äußerer
heißt, wenn er im Raume, und ein innerer Gegenstand, wenn er lediglich im
Zeitverhältnisse vorgestellt wird, Raum aber und Zeit sind beide nur in uns anzutreffen.
9. Weil
indessen der Ausdruck : außer uns, eine nicht zu vermeidende
Zweideutigkeit bei sich führt, indem er bald etwas bedeutet, was als Ding an
sich selbst von uns unterschieden existiert, bald was bloß zur äußeren Erscheinung gehört, so wollen
wir, um diesen Begriff in der letzteren Bedeutung, als in welcher eigentlich
die psychologische Frage, wegen der Realität unserer äußeren Anschauung,
genommen wird, außer Unsicherheit zu setzen, empirisch äußerliche Gegenstände
dadurch von denen, die so im transzendentalen Sinne heißen möchten,
unterscheiden, daß wir sie geradezu Dinge nennen, die im Raume anzutreffen
sind.
10.
Raum und Zeit sind zwar Vorstellungen
a priori, welche uns als Formen unserer sinnlichen Anschauung beiwohnen, ehe
noch ein wirklicher Gegenstand unseren Sinn durch Empfindung bestimmt hat, um ihn
unter jenen sinnlichen Verhältnissen vorzustellen. Allein dieses Materielle
oder Reale, dieses Etwas, was im Raume angeschaut werden soll, setzt notwendig Wahrnehmung voraus, und
kann unabhängig von dieser, welche die Wirklichkeit von etwas im Raume anzeigt,
durch keine Einbildungskraft gedichtet und hervorgebracht werden. Empfindung ist
also dasjenige, was eine Wirklichkeit im Raume und der Zeit bezeichnet, nachdem
sie auf die eine, oder die andere Art der sinnlichen Anschauung bezogen wird.
Ist Empfindung
einmal gegeben, (welche, wenn sie auf einen Gegenstand überhaupt, ohne diesen
zu bestimmen, angewandt wird, Wahrnehmung heißt,) so kann durch die Mannigfaltigkeit derselben
mancher Gegenstand in der Einbildung gedichtet werden, der außer der Einbildung
im Raume oder der Zeit keine empirische Stelle hat. Dieses ist ungezweifelt
gewiß, man mag nun die Empfindungen, Lust und Schmerz, oder auch der äußeren, als
Farben, Wärme usw. nehmen, so ist Wahrnehmung dasjenige, wodurch der Stoff, um Gegenstände der
sinnlichen Anschauung zu denken, zuerst gegeben werden muß. Diese Wahrnehmung stellt also,
(damit wir diesmal nur bei äußeren Anschauungen bleiben) etwas Wirkliches im
Raume vor. Denn erstlich ist Wahrnehmung
die Vorstellung einer
Wirklichkeit, so wie Raum die Vorstellung
einer bloßen Möglichkeit des Beisammenseins. Zweitens wird diese Wirklichkeit
vor dem äußeren Sinn, d. i. im Raume vorgestellt. Drittens ist der Raum selbst
nichts anderes, als bloße Vorstellung,
mithin kann in ihm nur das als wirklich gelten, was in ihm vorgestellt(a)
wird, und umgekehrt, was in ihm gegeben, d. i. durch Wahrnehmung vorgestellt wird, ist in ihm
auch wirklich ; denn wäre es in ihm nicht wirklich, d. i. unmittelbar
durch empirische Anschauung gegeben, so könnte es auch nicht erdichtet werden,
weil man das Reale der Anschauungen gar nicht a priori erdenken kann.
(a). Man muß diesen paradoxen, aber richtigen Satz wohl merken : daß im
Raume nichts sei, als was in ihm vorgestellt wird. Denn der Raum ist selbst
nichts anderes, als Vorstellung,
folglich was in ihm ist, muß in der Vorstellung enthalten sein, und im Raume ist gar nichts, außer,
sofern es in ihm wirklich vorgestellt wird. Ein Satz, der allerdings
befremdlich klingen muß : daß eine Sache nur in der Vorstellung von ihr
existieren könne, der aber hier das Anstößige verliert, weil die Sachen, mit
denen wir es zu tun haben, nicht Dinge an sich, sondern nur Erscheinungen, d. i. Vorstellungen sind.
11.
Alle äußere Wahrnehmung
also beweist unmittelbar etwas Wirkliches im Raume, oder ist vielmehr das Wirkliche
selbst, und insofern ist also der empirische Realismus außer Zweifel, d. i. es
korrespondiert unseren äußeren Anschauungen etwas Wirkliches im Raume. Freilich
ist der Raum selbst, mit allen seinen Erscheinungen, als Vorstellungen, nur in mir, aber in diesem Raume ist doch
gleichwohl das Reale, oder der Stoff aller Gegenstände äußerer Anschauung,
wirklich und unabhängig von aller Erdichtung gegeben, und es ist auch
unmöglich : daß in diesem Raume irgend etwas außer uns (im transzendentalen
Sinne) gegeben werden sollte, weil der Raum selbst außer unserer Sinnlichkeit
nichts ist. Also kann der strengste Idealist nicht verlangen, man solle
beweisen : daß unserer Wahrnehmung
der Gegenstand außer uns (in strikter Bedeutung) entspreche. Denn wenn es dergleichen
gäbe, so würde es doch nicht als außer uns vorgestellt und angeschaut werden
können, weil dieses den Raum voraussetzt, und die Wirklichkeit im Raume, als
einer bloßen Vorstellung,
nichts anderes als die Wahrnehmung
selbst ist. Das Reale äußerer Erscheinungen
ist also wirklich nur in der Wahrnehmung
und kann auf keine andere Weise wirklich sein.
12. Aus
Wahrnehmungen kann
nun, durch ein bloßes Spiel der Einbildung, oder auch vermittels der Erfahrung,
Erkenntnis der Gegenstände erzeugt werden. Und da können allerdings trügliche Vorstellungen entspringen,
denen die Gegenstände nicht entsprechen und wobei die Täuschung bald einem
Blendwerke der Einbildung, (im Traume), bald einem Fehltritte der Urteilskraft
(beim sogenannten Betruge der Sinne) beizumessen ist. Um nun hierin dem
falschen Scheine zu entgehen, verfährt man nach der Regel : Was mit einer Wahrnehmung nach
empirischen Gesetzen zusammenhängt, ist wirklich. Allein diese Täuschung
sowohl, als die Verwahrung wider dieselbe, trifft ebensowohl den Idealismus als
den Dualism, indem es dabei nur um die Form der Erfahrung zu tun ist. Den
empirischen Idealismus, als eine falsche Bedenklichkeit wegen der objektiven
Realität unserer äußeren Wahrnehmungen,
zu widerlegen, ist schon hinreichend : daß äußere Wahrnehmung eine Wirklichkeit im Raume
unmittelbar beweise, welcher Raum, ob er zwar an sich nur bloße Form der Vorstellungen ist, dennoch in
Ansehung aller äußeren Erscheinungen
(die auch nichts anderes als bloße Vorstellungen sind) objektive Realität hat ;
imgleichen : daß ohne Wahrnehmung
selbst die Erdichtung und der Traum nicht möglich sind, unsere äußeren Sinne
also, den datis nach, woraus Erfahrung entspringen kann, ihre wirklichen
korrespondierenden Gegenstände im Raume haben.
13. Der
dogmatische Idealist würde derjenige sein, der das Dasein der Materie
leugnet, der skeptische, der sie bezweifelt, weil er sie für unerweislich hält.
Der erstere kann es nur darum sein, weil er in der Möglichkeit einer Materie
überhaupt Widersprüche zu finden glaubt, und mit diesem haben wir es jetzt noch
nicht zu tun. Der folgende Abschnitt von dialektischen Schlüssen, der die
Vernunft in ihrem inneren Streite in Ansehung der Begriffe, die sich von der
Möglichkeit dessen, was in den Zusammenhang der Erfahrung gehört, vorstellt,
wird auch dieser Schwierigkeit abhelfen. Der skeptische Idealist aber, der bloß
den Grund unserer Behauptung anficht und unsere Überredung von dem Dasein der
Materie, die wir auf unmittelbare Wahrnehmung zu gründen glauben, für unzureichend erklärt, ist
sofern ein Wohltäter der menschlichen Vernunft, als er uns nötigt, selbst bei
dem kleinsten Schritte der gemeinen Erfahrung, die Augen wohl aufzutun, und,
was wir vielleicht nur erschleichen, nicht sogleich als wohlerworben in unseren
Besitz aufzunehmen. Der Nutzen, den diese idealistischen Entwürfe hier
schaffen, fällt jetzt klar in die Augen. Sie treiben uns mit Gewalt dahin, wenn
wir uns nicht in unseren gemeinsten Behauptungen verwickeln wollen, alle Wahrnehmungen, sie mögen
nun innere, oder äußere heißen, bloß als ein Bewußtsein dessen, was unserer Sinnlichkeit
anhängt und die äußeren Gegenstände derselben nicht für Dinge an sich selbst,
sondern nur für Vorstellungen
anzusehen, deren wir uns, wie jeder anderen Vorstellung, unmittelbar bewußt werden können, die
aber darum äußere heißen, weil sie demjenigen Sinne anhängen, den wir den
äußeren Sinn nennen, dessen Anschauung der Raum ist, der aber doch selbst
nichts anders, als eine innere Vorstellungsart ist, in welcher sich gewisse Wahrnehmungen miteinander
verknüpfen.
14.
Wenn wir äußere Gegenstände für Dinge an sich gelten lassen, so ist schlechthin
unmöglich zu begreifen, wie wir zur Erkenntnis ihrer Wirklichkeit außer uns
kommen sollten, indem wir um bloß auf die Vorstellung stützen, die in uns ist. Denn man kann
doch außer sich nicht empfinden, sondern nur in sich selbst, und das ganze
SelbstBewußtsein
liefert daher nichts, als lediglich unsere eigenen Bestimmungen. Also nötigt
uns der skeptische Idealism, die einzige Zuflucht, die uns übrig bleibt,
nämlich zu der Idealität aller Erscheinungen
zu ergreifen, welche wir in der transzendentalen Ästhetik unabhängig von diesen
Folgen, die wir damals nicht voraussehen konnten, dargetan haben. Fragt man
nun : ob denn diesem zufolge der Dualism allein in der Seelenlehre
stattfinde, so ist die Antwort : Allerdings! aber nur im empirischen
Verstande, d. i. in dem Zusammenhange der Erfahrung ist wirklich Materie, als
Substanz in der Erscheinung,
dem äußeren Sinne, so wie das denkende Ich, gleichfalls als Substanz in der Erscheinung, vor dem inneren
Sinne gegeben und nach den Regeln, welche diese Kategorie in den Zusammenhang
unserer äußerer sowohl als innerer Wahrnehmungen zu einer Erfahrung hineinbringt, müssen auch
beiderseits Erscheinungen
unter sich verknüpft werden. Wollte man aber den Begriff des Dualismus, wie es
gewöhnlich geschieht, erweitern und ihn im transzendentalen Verstande nehmen,
so hätten weder er, noch der ihm entgegengesetzte Pneumatismus einerseits, oder
der Materialismus andererseits, nicht den mindesten Grund, indem man alsbald
die Bestimmung seiner Begriffe verfehlte, und die Verschiedenheit der
Vorstellungsart von Gegenständen, die uns nach dem, was sie an sich sind,
unbekannt bleiben, für eine Verschiedenheit dieser Dinge selbst hält. Ich,
durch den inneren Sinn in der Zeit vorgestellt, und Gegenstände im Raume, außer
mir, sind zwar skeptisch ganz unterschiedene Erscheinungen, aber dadurch werden sie nicht als
verschiedene Dinge gedacht. Das transzendentale Objekt, welches den äußeren Erscheinungen, imgleichen
das, was der inneren Anschauung zum Grunde liegt, ist weder Materie, noch ein
denkend Wesen an sich selbst, sondern ein uns unbekannter Grund der Erscheinungen, die den
empirischen Begriff von der ersten sowohl als zweiten Art an die Hand geben.
15.
Wenn wir also, wie uns denn die gegenwärtige Kritik augenscheinlich dazu
nötigt, der oben festgesetzten Regel treu bleiben, unsere Fragen nicht
weiterzutreiben, als nur soweit mögliche Erfahrung uns das Objekt derselben an die Hand geben kann :
so werden wir es uns nicht einmal einfallen lassen, über die Gegenstände
unserer Sinne nach demjenigen, was sie an sich selbst, d. i. ohne alle
Beziehung auf die Sinne sein mögen, Erkundigung anzustellen Wenn aber der
Psycholog Erscheinungen
für Dinge an sich selbst nimmt, so mag er als Materialist einzig und allein
Materie, oder als Spiritualist bloß denkende Wesen (nämlich nach der Form
unseres inneren Sinnes) oder als Dualist beide, als für sich existierende
Dinge, in seinen Lehrbegriff aufnehmen, so ist er doch immer durch Mißverstand
hingehalten über die Art zu vernünfteln, wie dasjenige an sich selbst
existieren möge, was doch kein Ding an sich, sondern nur die Erscheinung eines Dinges
überhaupt ist.