Marx selbst definierte die
Arbeit als Ziel: "Eine Spinne verrichtet Operationen, die der eines Webers
ähneln, und eine Biene beschämte durch den Bau ihrer Wachszellen so manchen
menschlichen Baumeister. Was aber von vorneherein den schlechtesten Baumeister
vor der besten Biene auszeichnet, ist, daß er die Zelle in seinem Kopf gebaut
hat. bevor er sie in Wachs baut. Am Ende des Arbeitsprozesses kommtein Resultat
heraus. das bei Beginn desselben schon in der Vorstellung des Arbeiters, also
schon ideal vorhanden war. (Wir machen darauf aufmerksam, daß er dies sagt,
nicht wir). Nicht, daß er nur eine Formänderung des Natürlichen bewirkt, er
verwirklicht im Natürlichen zugleich seinen Zweck, den er weiß, der die Art und
Weise seines Tuns als Gesetz bestimmt und dem er seinen Willen unterordnen
muß." (Kapital I,S.193,MEW). Man findet in den Notizbüchern von Marx eine
Analyse des Austauschs, die die Bewegung der Idee in der Welt hervorhebt - in
der Welt und nicht mehr nur in der Arbeit, im Ziel. "Wenn ich von dem
produzierten Gut mehr produziere, als ich selbst direkt verbrauchen kann, ist
meine Überproduktion berechnet im Hinblick auf deinen Bedarf, sie ist
verfeinert. Ich produziere nur dem Anschein nach einen Überschuß dieses Gutes.
In Wirklichkeit produziere ich ein anderes Gut, das Gut deiner Produktion, das
ich gedenke, gegen diesen Überschuß auszutauschen, ein Austausch, den ich in
Gedanken bereits vollzogen Habe." (MEGA I,t.III,S.44). Und einer anderen
Übersetzung zufolge: "Wenn ich mehr Objekte produziere, als ich für meinen
unmittelbaren Gebrauch verwenden kann,produziere ich diesen Überschuß
wissentlich im Hinblick auf deinen Bedarf. Die Objekte, die ich überschüssig
produziert habe, sind nur eine Erscheinung. Das, was ich wirklich produziert
habe, ist ein anderes Objekt, das Objekt deiner Produktion, welches ich gegen
diesen Überschuß austauschen möchte, und ich habe diesen Überschuß produziert,
weil ich in meinem Geiste diesen Austausch bereits vollzogen hatte. Der soziale
Bezug, in dem ich mit dir stehe, die Arbeit, die ich tue, um deinen Bedarf zu
befriedigen, ist nur eine Erscheinung, und unsere gegenseitige Ergänzbarkeit
ist ihrerseits auch nur eine Erscheinung, hinter der sich das fundamentale
Faktum unserer wechselseitigen Ausbeutung verbirgt." (Wir unterstreichen)
Dieser Text hebt ganz klar
die Bewegung des Denkens hervor, und zwar nicht nur in der Arbeit, sondern in
den Arbeiten - ohne daß es gleich nötig wäre, von den utilitaristischen
Voraussetzungen Marx' abzuschweifen (Bei ihm wird der Austausch als etwas
gewertet, das nur in Verbindung mit Überfluß erscheint, wohingegen die
Ethnographie uns zeigt,daß in den archaischen Gesellschaften nur das produziert
wird, was ausgetauscht wird; wenn ich mit dir austausche, geschehe es nur in
der schnöden egoistischen Absicht, meinen trivialen Bedarf zu befriedigen; der
soziale Bezug, den ich mit dir habe,sei also lediglich Ausbeutung und
gegenseitiger Betrug, und unsere gegenseitige Ergänzbarkeit sei eine bloße
Erscheinung etc.). Im Gegenteil, auch wenn diese utilitaristischen
Voraussetzungen gerechtfertigt wären, zeigt dieser Text trotzdem nicht minder,
daß in diesem Fall der Mensch, um seinen "Bedarf zu befriedigen",der
Bewegung des Denkens in der Welt nichtsdestoweniger Tribut zollt. Wir haben
bereits mit Marx und Hegel bemerkt, daß die Arbeit die Verwirklichung des Denkens
ist und daß es deshalb das Denken ist» das die Arbeit belebt. Aber hier belebt
das Denken nicht nur die Arbeit, sondern mehrere Arbeiten; in dem Maße, wie das
Denken effektiv belebt und nicht nur anscheinend, ist eine Arbeit der Gedanke
eines Austausches, eines gedanklich bereits vollzogenen Austauschs, wie Marx
selbst sagt.
Im Austausch sind die
Objekte, die ich produziere, nur eine Erscheinung. Das, was ich eigentlich
produziert habe, ist ein anderes Objekt, das Objekt deiner Produktion. UND WENN
ICH DIESES ANDERE OBJEKT PRODUZIERT HABE,DANN DESHALB, WEIL ICH IN MEINEM GEIST
BEREITS EINEN AUSTAUSCH VOLLZOGEN HABE. Also ist der wahre Erzeuger meiner
Aktivität der Gedanke an diesen Austausch, und meine Aktivität ist die
Bedingung dieses Austauschs, die Bedingung seiner Verwirklichung."Man
könnte einwenden, daß es nur der Gedanke an ein anderes Ergebnis ist, der auf
meine Arbeit wirkt, und nicht der Gedanke an den Austausch. Aber dem ist nicht
so, denn der Gedanke an ein anderes Ergebnis kann nur insofern auf meine Arbeit
einwirken, soweit ich weiß, daß der Gedanke an die Wechselseitigkeit auf jede
der beiden Arbeiten einwirkt. Folglich ist beim Austausch der Gedanke, der sich
in einer bestimmten Arbeit verwirklicht, nur scheinbar der Gedanke an dieses
bestimmte Ergebnis oder auch an ein anderes Ergebnis, in Wirklichkeit ist es
der Gedanke an einen Austausch. Anders gesagt, der Urheber des Produkts einer
jeden bestimmten Arbeit ist weder diese bestimmte Arbeit,noch eine andere
Arbeit, sondern der Gedanke an den Austausch, die Bewegung dieses Gedankens in
den Arbeiten, die Totalität dieser beiden Arbeiten IN GEDANKLICHER FORM. Wenn
die verschiedenen Arbeiten die Bedingung für die Verwirklichung des Austauschs
sind, ist der Gedanke an den Austausch die Bedingung für die verschiedenen
Arbeiten, und in der Entfremdung muß dieser Gedanke nicht nur jedem Austausch
vorhergehen, sondern auch jedem Gedanken an einen bestimmten Austausch, wie man
es übrigens für den Wert in unserer Welt feststellen kann (vgl.
"Untersuchungen über die Natur und die Ursachen des Elends der
Menschen"). Die Ethnographie stellt das Gleiche für die fossilen lebenden
Gesellschaften fest. So ist der Gedanke an den Austausch das Element, in dem
sich jede spezielle Arbeit bewegt.Hier haben wir ein perfekt hegelianisches
Resultat: die Vermittlung ist auch Bedingung, und so kann die Bedingung ihre
eigene Bedingung sein.
Im Austausch ist also das,
was effektiv auf eine gegebene Arbeit einwirkt,durch den Gedanken an diesen
Austausch zugleich auch eine andere Arbeit und somit ein anderes Ziel und
folglich ein anderes gedankliches Ergebnis, der Gedanke an ein anderes Ergebnis
- folglich genauso die Arbeit an einem anderen Gedanken wie der Gedanke an eine
andere Arbeit.Wie man sieht, ist beim Austausch die Arbeit extrem BEWOHNT,
inspiriert, ein alter Begriff, den Primitiven gut bekannt. Im Austausch hat die
Arbeit jegliche Unabhängigkeit verloren, sie ist vollkommen vermittelt, und das
Denken ist das Element dieser Vermittlung, wie es auch schon zwischen dem
Anfang und dem Ergebnis vermittelnd war. Also ist das. was sich dort vollendet,
wo sich jede Arbeit zu vollenden scheint,eine andere Arbeit, und jede Arbeit
selbst ist eine Erscheinung. Also hat jede dieser Arbeiten, hier wie dort,
selbst keine Wahrheit und Wirklichkeit, denn ihre Wahrheit und ihre
Effektivität beruhen auf einer anderen Arbeit, die auch selbst nicht mehr
Wahrheit und Wirklichkeit hat aus den gleichen Gründen. Beim Austausch im
Speziellen .und in einer wirklichen Gesellschaft haben also die verschiedenen
Arbeiten überhaupt kein Merkmal von Wirklichkeit und Wahrheit und sind in
diesem Sinne nichts als ERSCHEINUNGEN.Die Wahrheit und die Effektivität, die
diese Arbeiten besitzen, besitzen sie nur durch ihre Vermittlung und in ihrer
Vermittlung. Heil Hegel! Nur der Übergang klappt nicht. Nochmal Heil Hegel!
Das, was es an Wirklichem in der Arbeit - isoliert betrachtet - gibt, ist die
Gesellschaft,ist die Aktivität der Gesellschaft IN DIESER ARBEIT. Und
wohlgemerkt muß es eine Gesellschaft wie die "unsrige" sein, damit
ein solcher Gedanke, eine Arbeit ISOLIERT zu betrachten,das Licht erblicken
kann; in eben einer Gesellschaft, die total, und zwar kein bißchen in Gedanken,
aber in der Welt jede Arbeit und die Totalität der Arbeiten voneinander
getrennt hat.
Die Vermittlung der Arbeit
durch den Gedanken an den Austausch (die Arbeiten werden zu der AKTIVITÄT
dieses Gedankens)ist eine Bewegung des Denkens in den Arbeiten, denn dieser
Gedanke an den Austausch existiert nicht als der Gedanke an einen Superorganismus»der
die verschiedenen Arbeiten als deren verschiedene Funktionen umfaßt (das ist
die Behauptung des Staates), sondern als vorherexistierender Gedanke, die
Arbeit aufzuteilen, also als Kommunikation. Diese Bewegung nennen wir im
Andenken an Hegel "GEIST" und zwar mit den Beschränkungen, die wir
früher formuliert haben. Beim Austausch ist, durch die Vermittlung des
Gedankens an den Austausch, jede Arbeit nicht mehr bloß Verwirklichung des
Gedankens an ein Ergebnis, außer scheinbar, sondern die Verwirklichung des
Gedankens an ein anderes Ergebnis und die Verwirklichung des Ergebnisses eines
anderen Gedankens: sie ist GETEILT. Beim Austausch wird jeder Gedanke an ein
anderes Ergebnis durch eine andere Arbeit in dem Maße verwirklicht,wie der
Gedanke die Verwirklichung des Ergebnisses einen anderen Gedanken BEWOHNT. Im
Austausch ist die Verwirklichung einer Idee auch Verwirklichung einer anderen
Idee, jede Arbeit ist sie selbst und anders als sie selbst, sie ist geteilt,
geteilt gemäß dem Prozeß, den Hegel ins Auge faßte, und nicht gemäß einem
hierarchischen, staatlichen,patronalen und gewerkschaftlichen Prozeß, wie er
den Idioten einzig begreiflich ist.Beim Austausch ist der wahre Erzeuger des
Produkts jeder Arbeit weder jede einzelne Arbeit, noch die andere Arbeit,sondern
die Totalität der Arbeiten; so ist das, was handelt, also auch weder der
Gedanke an ein bestimmtes Ergebnis, noch der Gedanke an ein anderes Ergebnis,
noch das Ergebnis eines anderen Gedankens, sondern der Gedanke an den
Austausch, der der Arbeiten Totalität ist.Jede Arbeit wirkt nicht,nur durch die
Vermittlung des Austauschgedankens auf die andere Arbeit ein, sondern in dem
Maße, wie die andere umgekehrt auf die erstere wirkt, auch reflexiv auf sich
selbst durch die Vermittlung ihrer Tätigkeit in der anderen Arbeit. Die
Bewegung des Denkens in den Arbeiten konstituiert die Arbeiten in der Totalität
der Arbeiten, wo also nicht nur die andere Arbeit, sondern die Totalität der
Arbeiten auf jede der beiden Arbeiten einwirkt. Anders gesagt, diese Totalität
ist eine echte Totalität (sie ist Subjekt, sie wirkt, und nur sie wirkt
WIRKLICH) und nicht nur Totalität für ein anderes, Totalität für einen
Beobachter, Tatsache ist, daß alle ihre Teile präsent sind und in jedem
einzelnen von ihnen wirken. Durch diese Vermittlung der Arbeiten hängt jede
Arbeit für ihre Aufrechterhaltung nicht von sich selbst ab, sondern von der
Vermittlung, von der Totalität der Arbeiten. Die Vermittlung entscheidet
darüber, wer zu leben und zu sterben hat.Die Bewegung des Denkens in den
Arbeiten ist also durch die Beziehung der Totalität zu sich selbst in jedem
ihrer Teile - ihre Reflektion. Somit kann die Totalität sie selbst sein, ohne
deswegen eine Person zu sein. Die Beziehung der Totalität zu sich selbst in
jedem ihrer Teile ist nicht Bewußtsein, sondern unerbittliches URTEIL, das
darüber entscheidet, wer zu leben und zu sterben hat. Um unseren Begriff von
der Arbeitsteilung als Kommunikation zu verstehen, darf man nicht aus den Augen
verlieren.daß wir unter "Arbeit" nicht die passive Aktivität
verstehen, auf die der Arbeiter heute reduziert wird, oder den Sklaven auf
einer Scholle, sondern die Aktivität des Tieres, insoweit sie kompletter Zyklus
der Energieverschwendung ist, Abnutzung der nötigen Energie für die Erhaltung
des Organismus': jagen, weiden,verdauen, ausscheiden, schlafen etc. Auch
verstehen wir unter ARBEITSTEILUNG nicht diese Teilung im gewerkschaftlichen
und patronalen Sinne, d.h. die Teilung der Sklavenaufgaben in den Unternehmen
oder die Verteilung der Aufgaben auf Unternehmen und Staat, sondern die Teilung
des kompletten Zyklus' der Aneignung und der Verschwendung. Ist es nötig, an
das zu erinnern, was die S.I.(Situationistische Internationale) sagte: DIE
MUSSE ARBEITET ? Die sogenannte Muße ist integraler Bestandteil des totalen
Zyklusses der Erhaltung des Organismus und somit integraler Bestandteil der
inneren, unendlichen Teilung dieses Zyklusses. Für den Menschen ist im
Gegensatz zum Tier dieser Zyklus bis ins Unendliche geteilt, denn seine
Verwirklichung setzt eine bis ins Unendliche geteilte WELT voraus. Auch Marx
gebrauchte in den "Grundrissen" eine Beweisführung, die darin
bestand.die Gesellschaft als ein einziges Individuum zu betrachten, um zu
bemerken, daß aus diesem Blickwinkel alles gleich nützlich ist und nichts als
überprodukt angesehen werden kann; daß alles,was produziert wird, auch zerstört
wird, und daß in der modernen Gesellschaft die Tatsache, daß nicht alles
zerstört werden kann,ein bürgerliches Drama sei. In diesem Sinne ist die
bürgerliche Gesellschaft ganz und-gar potlatchig.Von diesem Standpunkt aus, die
Gesamtheit der Gesellschaft als einen einzigen Organismus zu betrachten, sieht
man, daß dieser potlatchige Zyklus bis ins Unendliche geteilt ist,und daß diese
Teilung unendlich, da intern ist. Beim Austausch ist die sogenannte
"Produktion" im engeren Sinne des Arbeitsprozesses sowie auch im
weiteren Sinne der Totalität der Arbeiten und der Arbeitsprodukte nur eine
Erscheinung, die überhaupt nichts*außer Verwirrung unter ihren Opfern produziert.
Diese sogenannte Produktion ist tatsächlich ein Kommunikationsprozeß. Jede
Arbeit ist nur scheinbar eine unmittelbare Arbeit, eine Produktion, in
Wirklichkeit aber ist sie Aktivität der Bewegung des Denkens in der Totalität
der Arbeiten; und die Totalität der Arbeiten ist nur scheinbar eine träge
Aneinanderreihung von Arbeiten und "Produktion", in Wirklichkeit aber
Vermittlung der Arbeiten durch die Bewegung des Denkens. Die gleiche Bemerkung
gilt für die sogenannte "Konsumption". Nur die Vermittlung der
Arbeiten, nur die Bewegung des Denkens in der Totalität der Arbeiten produziert
und zerstört das, was produziert und was zerstört wird (um mit der
Unmittelbarkeit der tierischen Arbeit zu beginnen) und nicht die
"Produktion" und die "Konsumption". Produktion und
Konsumption sind nicht Sichtweisen des Geistes, sondern Sichtweisen der
gewinnsüchtigen Ignoranz. Das sogenannte System von Arbeit und Bedürfnis ist in
Wirklichkeit ein Denksystem.Heil Hegel! Wir stellen uns offensichtlich gegen
die utilitaristischen Voraussetzungen Marx', die die möglichen Schlüsse seiner
Analyse unkenntlich machen.Für uns ist die einzige Sache, die da dran KEINE
ERSCHEINUNG ist genau unser "sozialer Bezug", "unsere
gegenseitige Ergänzbarkeit" ,die selbst DIE WIRKLICHKEIT sind,die Sache
nämlich. die in dieser Angelegenheit zum Besten oder zum Schlechtesten wirkt,
(es ist diese Wechselseitigkeit, die darüber entscheidet, wer zu leben und zu
sterben hat). Umgekehrt ist die "gegenseitige Ausbeutung" eine bloße
Erscheinung in Marx' utilitaristischem Denken, übrigens, da, wo sie
existiert,ist die Ausbeutung sehr wenig reziprok; wie die Geschichte der
Entfremdung zeigt, sind es nur einige, die alle anderen ausbeuten,und die sich
- bis auf einige gewalttätige Ausnahmen -davor hüten, sich untereinander
auszubeuten. Nun muß man die Natur und den Gegenstand dieser Ausbeutung
diskutieren, wie wir es an anderer Stelle begonnen haben.
Gemäß den utilitaristischen
Ansichten Marx' ist die Tatsache der Vermittlung der Arbeiten im Austausch nur
dazu bestimmt, meine egoistischen Bedürfnisse zu befriedigen, so, wie ich sie
befriedigen würde, wenn ich allein auf einer einsamen Insel wäre. Allerbestens
würde diese Tatsache einen Fortschritt darstellen, der mir besser gestattet,
meine egoistische Gefräßigkeit zu befriedigen. Unserer Meinung nach sind im
Gegenteil das wahre Ziel und die wahre Operation nicht mehr die Befriedigung
eines Bedürfnisses, das ja nur ein anscheinendes Ziel ist,kein wesentliches,
sondern die Operation der Kommunikation selbst, die unendliche Vermittlung der
Bedürfnisse und ihrer Aufhebung. Beim Austausch ist die Unmittelbarkeit der
Aufhebung der Bedürfnisse selbst aufgehoben, denn sie wird nicht mehr durch die
unmittelbare Arbeit bewirkt,sondern durch die Vermittlung der Arbeiten, durch
die Vermittlung der Aufhebung der Bedürfnisse. Marx zufolge hat die Vermittlung
der Aufhebung der Bedürfnisse die Aufhebung der Bedürfnisse zum Ziel! wir
behaupten gegen Marx und alle Utilitaristen, daß im Gegenteil die Vermittlung
von Arbeiten die Vermittlung von Arbeiten zum Ziel hat. In dem Maße, wie die
Vermittlung von Arbeiten durch die Bewegung des Denkens in den Arbeiten kein
Individuum, keine Person ist, ist sie selbst kein ZIEL, sie kann ZIEL nur in
jeder der Vermittelten Arbeiten sein. Wir behaupten daher, daß in jedem
Individuum die anscheinende Umabhängigkeit' der Aufhebung der Bedürfnisse die
unendliche Vermittlung dieser Aufhebung zum wirklichen Ziel hat. Darum ist die
Ware schön und darum ist Ihre Tochter nicht stumm. 'Das Schöne, was die Ware
ausmacht, ist nicht die Vermittlung selbst, sondern die UNENDLICHKEIT dieser
Vermittlung. Mit der Ware kennt dieser Durst nach unendlicher Vermittlung keine
Grenzen mehr und verschont niemanden, noch nicht mal die Ärmsten, die sich
keine Reise nach Bayreuth leisten können. Und die Ware weiß diesen Durst mit
einem abgenutzten Kunstgriff anzustacheln, immer darüber wachend, daß er nie
gestillt werde, irgendwie ganz wie die Musik von Wagner. Darum ist die
Discomusik schön: nicht weil sie Musik ist, sondern , weil sie Ware ist.
Discomusik ist weder schöner noch revolutionärer als irgendeine andere wäre,
d.h. sie mißfällt trotzdem dem jämmerlichen alten Arschloch (Oh, wie schön war
die Musik zu Wagners Zeiten! Oh, wie schön war die Revolution zur Zeit Durruttis),
diesem Autor des bei Maspero erschienenen Buches "Erinnerungen an
Wagner". Das, was an der Discomusik schön ist, ist nicht die Musik, es ist
die Ware. Darin liegt ihre unendliche Überlegenheit über die Musik Wagners.
Diese Ware ist, wie die Musik von Wagner, ein Werk einer Welt. Aber sie bedarf
-auch wie die Musik von Wagner - noch nicht mal der Vermittlung eines
Individuums, um zu existieren, denn die, die sie produzieren, sind nur
Possenreißer.Discomusik ist unmittelbar das Werk einer Welt. Die gleichen
Leute, die sich zum Klang der Discomusik abrackern, beuten New York bei jedem
Stromausfall aus oder zünden in Lyon Autos an oder sonstwo, auch ohne daß ein
Stromausfall dazu nötig ist. F.Pagnon ist noch inkompetenter als Marx und
Engels, was die moderne Kunst angeht, denn er weiß noch nicht mal, daß das
moderne Kunstwerk selbst Ware ist.Marx ahnte wenigstens etwas. Aber in der
Akademie Champs Libre geht man blind drauf los.
Nach Marx ist die
Kommunikation, die immer verschwiegen wird, als ob die Dinge von selbst
geschähen, das Instrument des Tiers und das Tier ist Subjekt. Uns zufolge ist
die Kommunikation das Subjekt, und man kann noch nicht mal sagen,daß das Tier
ihr Instrument sei, oder auch, wie wir in unserem "Bericht über den
Zustand der Illusionen" schrieben,daß die Arbeit die Materie der
Kommunikation sei, denn genau die Kommunikation ist die Aufhebung des Tieres,
die Aufhebung der Arbeit, diese wird selbst die Aktivität der Kommunikation zum
Besten und zum Schlechtesten (für die Armen ist es zum Schlechtesten). In der
Kommunikation ist der Gegensatz Mensch-Tier aufgehoben und macht einem anderen
Platz, dem Gegensatz von Mensch und Nicht-Mensch, von Mensch und verneintem
Mensch, von Reich und Arm, aber nicht von Mensch und Tier.Das Tier hört auf, ein
Tier zu sein und wird zum Menschen, wenn es nicht mehr nur seiner Sättigung
folgt, sondern der unendlichen Vermittlung dieser Sättigung. Nach Marx ist die
Vermittlung das Mittel und die Sättigung das Ziel. Uns zufolge ist die
Sättigung das Mittel und die unendliche Vermittlung das Ziel.Die unendliche
Vermittlung der Sättigung durch die Kommunikation ist Grundlage des Universums
- so wie es die Physiker der Kopenhagener Schule umrissen.
Für Marx genau wie 100 Jahre
nach seinem Tod für die stalinistisch-situationistischen Idioten von Champ
Libre (vgl. Erinnerungen an Wagner, S.73) ist "die Reproduktion der Mittel
zum unmittelbaren überleben die Grundlage der Gesellschaft-! (Welches
unmittelbare überleben? Geht Pagnon selbst nach Kuba, in dem Kanu, das er selbst
aus einem Baum geschlagen hat, den er selbst gefällt hat, um Zuckerrohr zu
schlagen und zu pressen, das er selbst gepflanzt hat, wird er seinen Zucker
selbst raffinieren und dann in seinem kleinen Kanu zurückkehren, um seinen
Kaffee damit zu süßen - wir nehmen an, daß das unmittelbare überleben Pagnons-
nicht dahin reicht, auf Kaffee zu verzichten - Kaffee, dem er selbst geröstet
hat, den er gegangen ist, in Brasilien zu pflücken,und zu trocknen auf dem
selbst bepflanzten Feld. Trinkt Pagnon seinen Kaffee aus Porzellan aus Sachsen
oder Limoges? Und wenn das alles so wäre, woher nimmt Pagnon dann dieses wissen
und dieses enzyklopädistische know-how? In der Passage über die Ästhetik, wo
Hegel den Tisch eines Winzers mit dem eines Kleinbürgers vergleicht,weist er
darauf hin, daß eine Welt zwischen uns und unserer Tasse Kaffee besteht. Darum
trinken wir Kaffee und rauchen Zigarren.Die strengen Weisen von Palo Alto haben
nach 40 Jahren Forschungen entdeckt, daß das Anzünden einer Zigarette der
Nachbarin Kommunizieren ist. Es besteht kein Zweifel darüber, daß sie nach
weiteren 40 Jahren Forschung auch entdecken werden, daß das Anzünden der
eigenen Zigarette auch Kommunikation ist.)Uns zufolge ist die Vermittlung
dieser Mittel die Grundlage der Gesellschaft, besser, die Gesellschaft ist
nichts anderes als diese unendliche Vermittlung selbst. Man weiß seit
Malinowski, daß man über das WIRKLICHE Ziel von Kanufahrten auf offenem Meer
urteilen muß. Wie Hegel es will, wird die tierische Arbeit menschlich,weil sie
vermittelt wird und weil sie durch nichts Geringeres als eine Welt vermittelt
wird, d.h. durch eine Totalität identisch vermittelter Arbeiten.Beim Mensch
wird das Tier verneint, seine Unmittelbarkeit wird in einer höheren Aktivität
aufgehoben, nämlich der Kommunikation, der unendlichen Selbst-Teilung der
Welt.Beim Menschen setzt die Befriedigung der Kleinsten seiner Bedürfnisse eine
Welt voraus, und die Unabhängigkeit dieses bestimmten Bedürfnisses ist nur eine
Erscheinung.Beim Menschen ist das wirkliche Ziel nicht die Befriedigung der
GERINGSTEN seiner Bedürfnisse, sondern schon im Geringsten seiner Bedürfnisse
vermittelt die WELT dieses Bedürfnis. Die totale und globale Kommunikation
vermittelt dieses Bedürfnis, dessen Existenz wie dessen Befriedigung.Es ist nicht
nur die VERFEINERTE "Produktion", sondern das Bedürfnis selbst, das
somit aufhörte vorgeben zu können, nur egoistisch zu sein.In ihm wirkt eine
Welt. Es ist Produkt einer Welt. Es bedarf einer Welt. Wie Marx bereits
feststellt, muß der Mensch in der Entfremdung dafür bezahlen, einen
Schweinestall zu bewohnen.So abgegriffen ein menschliches Bedürfnis auch sein
mag, es setzt nichtsdestoweniger die Vermittlung einer Welt voraus. Das
menschliche Wildschwein muß nicht nur seinen Stall bezahlen, es ist auch offensichtlich,
daß es die Welt ist, die es eher in einen Stall als in einen Palast drängt. Der
dreckige materialistische Realismus behauptet, daß der Mensch nur zum Menschen
wird, wenn er zwischen Begierde und Erfüllung einen Schirm, die Vermittlung der
Arbeit schaltet. Aber welches Tier macht das nicht? Für uns gilt im Gegenteil,
der Mensch wird nur zum Menschen, indem er zwischen die Begierde und die
Befriedigung die Vermittlung der Arbeitsteilung schaltet, indem er in die
Arbeit selbst,also sowohl in die Begierde als auch in die Befriedigung, die
Vermittlung einer Welt einschiebt. - was ganz und gar nicht das Gleiche
ist.Eine Tatsache, die Marx nicht entgangen ist,der davon regelmäßig, aber
gleichzeitig unter dem Blickwinkel des materialistischen Realismus spricht.Vor
allem aber hat er nichts daraus zu machen gewußt.
Wer diese Bewegung in den
Arbeiten beherrscht, beherrscht die Welt. Somit ist das wirkliche Ziel jedes
Menschen, der sich SCHEINBAR für eine bestimmte Arbeit engagiert, nicht diese
Arbeit oder das Ergebnis einer anderen Arbeit, die für Bedürfnisbefriedigung
gehalten wird, sondern das, was real, wahr und wirksam in allen Arbeiten ist:
ihre Vermittlung, wie Marx selber feststellt: "Mit dem Geld kennt der
Arbeitseifer keine Grenzen mehr." Offensichtlich nicht aus Liebe zur
Arbeit, sondern aus Liebe zum Geld.Der Reichtum, das Mana, das, was früher oder
später jeden Menschen verfolgt, ist diese Bewegung der Selbst-Vermittlung der
Welt, Bewegung der Selbst-Vertiefung, der Selbst-Schöpfung. Das Gewerkschafts-
und Sozialistengesindel will uns mit dem überschwenglichen Ordnungswort
"Selbstverwaltung" schmeicheln, als ob Reichtum jemals darin
bestanden hätte, irgendwen oder irgendwas zu verwalten. Die Geschichte zeigt im
Gegenteil, daß die Bourgeoisie keine andere Sorge gehabt hat, -getrieben und
gedrängt durch die Ware -, als die Welt permanent zu revolutionieren, und bis
heute stellt sich einzig die Frage : wer wird diese Welt revolutionieren, sie
oder die Armen? Nur die verbeamteten Diener der Herren der Welt führen, was es
zu führen gibt. Und genau deshalb sind sie die Armen. Gemäß Hegel schließen wir
daraus, daß es in unserer Erfahrung nichts gibt, das nicht durch die Bewegung
des Denkens in den Arbeiten der Welt, durch die Kommunikation gesetzt und bestimmt
wird. Was allerdings nicht daran hindert, daß, in der Welt der Entfremdung,
diese Bewegung des Denkens in der Welt äußerlich bleibt und gegen jedes Denken
rebelliert. Noch heute weiß man nichts über diese Bewegung des Denkens in der
Welt.Man beschränkt sich darauf, sie zu ertragen oder zu versuchen, sie zu
seinem Vorteil zu verdrehen, was die Ursache der verschiedenen sozialen rackets
ist.Überdies ist es nicht exakt, zu sagen, daß niemand die Bewegung des Denkens
in der Welt kennt. Im Gegenteil kann sie jeder sehr leicht feststellen und muß
sich sogar über sie im Klaren sein, ganz einfach durch seine Lebensweise. Die
Wahrheit ist, daß niemand etwas über sie sagen kann, und ganz offensichtlich
schon mal gar nicht diejenigen, die dafür bezahlt werden, zu reden,oder
aber,wenn sie davon sprechen,dann,um zu versuchen, die bedrohliche Klarheit
davon zu verschleiern. Die Aufgabe des Denkens ist es, die Bewegung des Denkens
in der Welt zu begreifen, im Wissen, daß nur diese Bewegung qualifiziert ist,
sich zu begreifen, denn sie ist es, die alles begreift. Indessen ist es das
Geringste für das Denken, die Bewegung des Denkens in der Welt herauszufinden,
überdies kann die Anstrengungdes bestimmten Denkens nur einen Sinn haben, wenn
die Welt Bewegung des Denkens in dem, was existiert, ist. Nur, wenn die Welt
durch ihre Verwandschaft mit dem bestimmten Denken die gedankliche Form
herausfindet, kann diese die Bewegung des Denkens in der Welt herausfinden.
Ein interessanter Versuch,
gegen die materialistischen Behauptungen das Ziel und die Bewegung des Ziels in
der Welt klarzustellen, ist J.P.Satres "Kritik der dialektischen
Vernunft".Man kann sich fragen, wie so ein beständiger Idiot (vgl I.S.Nr.
7-12), Diener und Verteidiger der Bürokraten und der Polizei Rußlands, Polens»Kubas»Algeriens.
Chinas und einiger anderer Länder ein solches Buch hat schreiben können (man
sah den Unglücklichen auf seinen letzten Tagen sich sogar mit den kleinen
maoistischen Arschlöchern treffen), wie ein Mann, der alles den Stalinisten
zugestand, wesentliches dem Materialismus verweigern konnte, überdies stellt er
die materialistischen Postulate nicht in Frage, um mit dem von der
ursprünglichen Knappheit zu beginnen, und versucht ihnen Rechnung zu tragen,
wie er immer den Stalinisten Rechnung trug. Andere sind genauso schwachköpfig
wie Satre, aber man kann an ihnen kein anderes Talent erkennen.Dies ist also
kein Grund, nicht auf dieses Buch zu reagieren, da es namentlich die Frage
behandelt, die uns interessiert. Die Literatur, die sich mit dieser Frage
beschäftigt, ist nicht so reichhaltig vorhanden, daß man sich zieren und das
Buch eines Schwachkopfs verschmähen könnte. In ihrem Bestreben, den
Materialismus zu verteidigen,klagen die Analysen Satres diesen an, genauso
sicher, wie die Bemerkungen Malinowskis, in ihrem Bestreben, den
Funktionalismus zu verteidigen, ihn anklagen, und genauso, wie wir weiter unten
sehen, wie der Positivismus, der strenge physische Positivismus den sozialen
Positivismus Auguste Comtes anklagt. Der Versuch Satres krankt in der gleichen
Weise wie der Marxsche:für Satre wie für Marx waren die anderen die Hölle.Wenn
ich kooperiere, wenn wir eine Wechselseitigkeit exerzieren, sei sie positiv wie
im Austausch oder negativ wie im Krieg, es dient immer dem einzigen Ziel, unsere
egoistischen Bedürfnisse zu befriedigen, die durch die Knappheit verstärkt
worden sind.All dies riecht nach 19. Jahrhundert, nach seiner bürgerlichen
revidierten stalinistischen Propaganda. Das Spektakel zeigt im Gegenteil, daß
die anderen immer das Paradies sind, und wenn die anderen uns manchmal als
Hölle präsentiert werden, handelt es sich immer um andere, die günstigerweise
weit weg sind, wie die Polen oder die armen kleinen Chinesen,die nicht satt zu
essen haben.Laut Spektakel ist die Hölle immer woanders und nie hier.
Entnommen dem Buch
"Revue de Prehistoire Contemporaine l", Mai '82, des Institut de
Prehistoire Contemporaine, Boite Postale 20-05,75221 Paris Cedex 05
Übersetzung:
Kügeler/Siebert..Herausgegeben vom Rheinischen Hilfsverlsg, Hauptstr. 162,509
Leverkusen l
Vom gleichen Autor auf
deutsch: "Reich.Gebrauchsanleitung." "Untersuchung über die
Natur und die Ursachen des Elends der Menschen",Edition Nautilus.
"Einführung in die
Wissenschaft der Publizität", Rheinischer Hilfsverlag.